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Verheimlichen ließ sich vor ihm auch die Schwangerschaft mit Paula nicht. Obwohl wir uns redlich bemühten. Ich weiß noch genau, wir waren mit ihm im Urlaub in Italien, ich war in der 10. SSW. Jede Andeutung über die Schwangerschaft, jedes kleinste Gespräch über Ängste, Sorgen oä. haben wir vermieden. Trotzdem sagte Fritz eines morgens in dem schrecklich muffigen Badezimmer unseres Ferien-Bungalows zu mir „Mama, warum hast du mir nicht erzählt, dass du ein Baby im Bauch hast?“ Jeder klägliche Versuch, dies abzustreiten scheiterte. Das clevere Bürschchen legte sogar noch einen drauf und behauptete frech „ich bekommen eine Schwester und die soll Paula heißen“. Tja! Was erwidert man da? Man soll seine Kinder ja nicht anlügen. Also drucksten wir herum, bis die „kritische Phase“ vorbei war. Er blieb im Übrigen konsequent bei seiner Meinung, er würde eine Schwester Paula bekommen. Ihr merkt langsam, wer hier das Sagen in der Familie hat!? ;-)
 
Nach allen vorangegangenen Ereignissen brauche ich, glaub’ ich, nicht lang und breit zu erklären, wie nervenaufreibend diese Schwangerschaft für uns alle war. Ich durfte jederzeit in der Arztpraxis auflaufen, was ich in den ersten Wochen auch ca. alle drei Tage tat, bis Paula sich mit ersten zaghaften Tritten selber bemerkbar machen konnte. Alles schien nun doch auf das lang ersehnte Happy end hinaus zu laufen. Bis leider irgendwann die Nachricht kam, dass ein Kaiserschnitt unvermeidbar wäre, weil die Plazenta „den Ausgang versperrt“. Ich war so traurig und enttäuscht. Aber letztendlich findet man sich natürlich damit ab, weil man ja froh ist, wenn das Mäuschen gesund und munter zur Welt kommt!
 
Der Horror nahm seinen Lauf als ich in der 34. SSW eine sehr starke Blutung bekam. Ausgelöst wurde sie wohl durch „Übungswehen“. Die Plazenta, die man sich wie einen großen Blutschwamm vorstellen kann, rieb dabei am Muttermund, so habe ich es zumindest verstanden, was dann die starke Blutung verursacht hat. Für Paula gab es recht schnell Entwarnung, allerdings sollte ich nun die letzten Wochen der Schwangerschaft liegend im Krankenhaus verbringen (bedeutet: nicht aufstehen, nicht zur Toilette gehen, geschweige denn


geschweige denn duschen, Zähne putzen im Bad am Waschbecken etc.). Na gut. Nimmt man ja in einem solchen Fall zähneknirschend in kauf. Trotzdem machte sich das Gefühl in mir breit, dass ich kein weiteres Risiko eingehen wollte. Nicht auszudenken, wenn ich dieses Baby auch verlieren würde... Aber der beste Dackelblick und das größte Betteln, Paula doch bitte vorzeitig zu holen, nutzten nichts. Die Ärzte wollten die Schwangerschaft so lange wie möglich aufrecht erhalten, um der kleinen Maus jeden Tag Weiterentwicklung im Mutterleib zu ermöglichen.
 
Nach drei Tagen Liegen im Krankenhaus bekam ich erneut Blutungen und man entschied sich, unsere „Lütte“ nun doch zu holen. Auf dem OP-Tisch verstand ich letztendlich, dass das Risiko für Paula nun nicht mehr so groß, für mich dafür umso größer war. Die Plazenta lag nicht nur unten, sondern breitete sich auch noch über die Stelle aus, an der man im Normalfall den Kaiserschnitt ansetzt. Es gab also wohl nur die Möglichkeit, mich einmal „von unten nach oben“ komplett aufzuschneiden. Schön ist was anderes, aber was soll’s!? So war das Risiko für einen noch größeren Blutverlust geringer. Und: hatte ich endlich mein Happy end ;-)
 
Paula war klein und leicht. Knapp unter 2 Kilo und 46 cm klein. Vier Wochen lang musste sie noch im Brutkasten und Wärmebettchen auf der Neonatologie verbringen. Vier nervenaufreibende lange Wochen, die für mich, als Mutter, eine Zerreisprobe wurden. Ich pendelte zwischen Krankenhaus, zu Hause und der Zwischenstation bei meinen Eltern, wo ich untergekommen war, weil es näher am Krankenhaus lag als unser Zuhause (immerhin eine Stunde Fahrtzeit zum Krankenhaus). Die körperlichen Schmerzen durch den langen Bauchschnitt, das schlechte Gewissen dem Söhnchen gegenüber, der so lange auf Mama verzichten musste, die Sorgen um Paula, die vielleicht zum Teil unbegründet, aber dennoch da waren, das ständige Milchabpumpen verbunden mit den Problem „wohin mit der ganzen Milch?“ (ich habe immer noch mehrere Beutel im Tiefkühlschrank und bringe es nicht übers Herz, sie zu entsorgen), …
 
Nichtsdestotrotz: es war ein sehr langer, steiniger Weg. Aber jeder einzelne Schritt ist Teil von mir, meinem Leben und meiner Familie. Ich liebe meine Kinder über alles, wie wahrscheinlich jede Mama. Ich habe – leider – lernen müssen, dass eine Bilderbuch-Schwangerschaft nicht selbstverständlich ist. Aber ich habe auch gelernt, auf mein Bauchgefühl zu vertrauen und mich durch Rückschläge nicht entmutigen zu lassen.
 
Es hat sich gelohnt – ich habe zwei großartige Kinder an der Hand und eines ganz fest im Herzen!

 
Ich hoffe sehr, dass ich euch mit meiner Geschichte nicht erschreckt habe!? Aber seid sensibel für euren Instinkt. Zögert nicht, über all eure Ängste, Sorgen und Gefühle zu reden. Lieber einmal mehr in euch hinein horchen, auf euer Bauchgefühl vertrauen....
 
Habt eine unbekümmerte Schwangerschaft, aber nehmt sie nicht als Selbstverständlichkeit hin!
 
Und wenn euch Ähnliches wie mir widerfahren sein sollte und ihr möchtet vielleicht Informationen, Literatur, oder einfach nur mit Gleichgesinnten drüber reden...ich bin jederzeit für einen Kontakt diesbezüglich offen. Ich habe gemerkt, dass es vielmehr „Betroffene“ gibt, als man denkt. Man sollte sich nur trauen, darüber zu reden.
 
Zum Schluss habe ich noch einen sehr schönen Spruch für euch (auch wenn es vielleicht etwas kitschig ist ;-) ). Leider weiß ich nicht, von wem er stammt. Es ist einer von diesen Sprüchen, der mir mal bei Facebook „über den Weg gelaufen ist“, aber irgendwie hier ganz passend ist:
 
Ich habe noch nie eine starke Person
mit einer einfachen Vergangenheit getroffen.

 
Eure Jule


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